Daten im Motorsport: Mehr Leistung für Fahrzeuge und Fahrer.

Trend

Mehr Leistung

Mithilfe hochmoderner Sensoren können Motorsportingenieure Daten zur Fahrzeug- und Fahrerleistung erfassen. Dadurch entsteht ein neues Maß an Sichtbarkeit, das effektivere Strategien und Technologien ermöglicht – und den entscheidenden Unterschied zwischen dem ersten und zweiten Platz ausmacht. Von: Paul Webb, Sales and Marketing Manager, Autosport bei TE Connectivity (TE)

Wenn Sie im Fernsehen oder besser noch vor Ort ein Rennen verfolgen, werden Ihnen die vielen Leute auffallen, die in den Boxen mit Kopfhörern auf Bildschirme starren.  

Wenn Sie einen Blick auf diese Bildschirme erhaschen, scheinen diese voller Striche zu sein, die in einem Diagramm auf- und abspringen. Das ist offensichtlich für die Betrachter und für alle jene, die ihren Rennwagen schneller machen möchten, von großem Interesse, denn hier wird in aller Pracht angezeigt, was genau gerade im Rennwagen passiert.

Heute ist dies ein wichtiger Aspekt des Rennsports. Das war jedoch nicht immer so. So gab es bis in die späten 1980er-Jahre keine eigenen Systeme oder Hardwareprodukte für den Motorsport. Bis dahin mussten die Chefmechaniker eng mit dem Fahrer zusammenarbeiten und aufgrund ihrer Erfahrungs-werte das Verhalten des Autos optimieren. Einfache Aufzeichnungsgeräte wurden erstmals in den 1970er-Jahren getestet. Dabei handelte es sich aber um recht große Einheiten, die für zusätzliches Gewicht sorgten und sich besser für den Einsatz an anderer Stelle eigneten. Daher wurden sie bei den eigentlichen Rennen erst sehr viel später eingesetzt. Nicht nur Größe und Gewicht waren problematisch. Den Fahrern war es häufig etwas suspekt, dass all ihre Aktivitäten elektronisch aufgezeichnet wurden. Wer würde schon zugeben, dass er eine Kurve nicht mit Vollgas genommen hat? Wenn ein Fahrer allerdings erst einmal verstanden hat, dass Daten helfen können, sein Auto schneller zu machen, sind die meisten plötzlich ganz versessen auf die verschnörkelten Striche auf der Anzeige.

In den späten 1980er Jahren wurde die Rechenleistung größer, dementsprechend konnten auch mehr Daten erfasst werden. In den Kraftstoff-Einspritzsystemen der Rennwagen gab es bereits eine Grundausstattung an Elektronik. Das Fahrerverhalten und dessen Auswirkungen auf den Rennwagen wurden aber nur spärlich verfolgt. Selbst wenn ein Sensor überwacht werden konnte, ließen sich die Daten nur auf einer Diskette speichern. Zu dieser Zeit kam die motorsport-spezifische Datenprotokollierung in den USA und in Europa auf. Die in einer Runde erfassten Daten wurden zum späteren Download in einem Datenspeicher aufgezeichnet.

Eine der ersten Erkenntnisse war, was für eine brutale Umgebung ein Rennwagen sein kann. Bei Rennwagen sollten übermäßige Bewegungen der Radaufhängung vermieden werden (da dadurch die Gewichtsverlagerung in den Kurven gestört wird). Auch aerodynamische Störungen können ein Rennauto so unberechenbar machen, dass auch ein ansonsten gelassener Fahrer die Contenance verliert! Das heißt, ein Rennwagen muss äußerst steif sein, denn insbesondere beim Fahren über Randsteine entstehen enorme, für Fahrer und Wagen schmerzhafte Kräfte. Bei Formel 1-Rennen, die Vorreiter hinsichtlich der Nutzung von immer mehr Daten waren, setzten die Teams zunächst auf Militärprodukte, damit die Elektronik ein Rennen auch überstand. Peter Wright, technischer Leiter eines Formel 1-Teams, sagte dazu einmal, dass bei der Konstruktion eines Formel 1-Autos sichergestellt werden muss, dass das Fahrzeug über den gesamten Verlauf der festgelegten Strecke eine maximale Beschleunigung aufrechterhalten kann.1.

Welche Faktoren beeinflussen die Leistung?

Ermitteln der geeigneten Elemente

  • Reifen: Beim Rennsport ist es entscheidend, dass die vier Radkontaktflächen für die Dauer des Einsatzes am Rennwagen so effizient wie möglich funktionieren.
  • Aerodynamik: Es ist von entscheidender Bedeutung, dass die Bedingungen im Windkanal (oder bei der numerischen Strömungssimulation) möglichst genau denen entsprechen, die auf der Rennstrecke herrschen.
  • Aufhängung: Ist die Aerodynamik weniger entscheidend (bei geringerer Geschwindigkeit), muss der mechanische Grip des Rennwagens optimiert werden.
  • Fahrerverhalten: Verschiedene Fahrstile erfordern unterschiedliche Autokonfigurationen. Daher ist es für eine schnelle Runde entscheidend zu wissen, wie ein Fahrer Kurven zu fahren pflegt.
...Bei der Konstruktion eines Formel 1-Wagens muss sichergestellt werden, dass das Fahrzeug über den gesamten Verlauf der festgelegten Strecke eine maximale Beschleunigung aufrechterhalten kann.

Anhand der Daten können die Renningenieure außerdem auch den Zustand des Wagens verstehen, insbesondere in Bezug auf Temperaturen und Druckwerte. Wie bei einem PKW müssen diese innerhalb des von den Entwicklern beabsichtigten Bereichs liegen. Nun dürfte klar sein, warum Daten im modernen Rennsport entscheidend sind. Wie werden sie jedoch genutzt, um einen Wagen schneller zu machen? In der folgenden Abbildung finden Sie eine typische Protokoll-anzeige des Herstellers MoTeC* mit den Daten des Wagens im Laufe einer Runde. Moderne Rennwagen zeichnen Hunderte von Datenkanäle auf, sodass sich die Techniker in der Box nur auf einige wenige Echtzeitdaten konzentrieren. Nach dem Rennen werden alle erfassten Daten analysiert, um Erkenntnisse aus dem Rennen zu gewinnen.

In dieser Grafik sind einige der Daten dargestellt, mit denen die Dateningenieure die Leistung der Rennwagen beurteilen.

In dieser Grafik sind einige der Daten dargestellt, mit denen die Dateningenieure die Leistung der Rennwagen beurteilen.

Mit diesem Thema lassen sich Bände füllen. Daher begnügen wir uns mit einigen wenigen Beispielen und ergründen, um was es unserem Dateningenieur geht. Im oberen Kanal werden die Motorumdrehungen pro Minute (U/min) und im zweiten die Geschwindigkeit in Kilometern pro Stunde (km/h) aufgezeichnet. In der Mitte wird die Position des Gaspedals, in der vierten Anzeige die g-Vorschubkraft und unten der Lenk-winkel angezeigt. In der Grafik finden Sie zudem zwei Beispiele für die vom Wagen gefahrene Runde. Anhand der Summe dieser Informationen können die Dateningenieure erkennen, was während einer Runde im Rennwagen vor sich geht. Außerdem können die Techniker damit Konfigurations-änderungen (oder Ratschläge für den Fahrer!) anbieten, um die Rundenzeit insgesamt zu verbessern. 

Worauf achten die Techniker?

Erfassen der richtigen Daten

  • U/min des Motors: Diese vom Kurbelwellensensor gemessenen Daten zeigen, ob sich der Fahrer in dem Gang fährt, der das optimale Drehmoment des Motors ermöglicht.
  • Geschwindigkeit: Ein naheliegender Wert, der jedoch überwacht werden muss, falls der Fahrer die Strecke zu schnell angeht und dadurch in den Kurven auf Probleme stößt (siehe unten).
  • Gaspedal: Das Gaspedal wird in 0 bis 100 % gemessen. Das diesbezügliche Verhalten des Fahrers wirkt sich erheblich darauf aus, wie Chassis, Reifen und Aufhängung reagieren müssen.
  • g-Vorschubkraft: Ein interessanter Parameter, der letztlich genau das zeigt, was Peter Wright in seinem Buch1 anspricht (siehe oben) – maximale Beschleunigung (oder Abbremsung) und die Belastung des Wagens.
  • Lenkwinkel: Belastet der Fahrer die Räder oder geht er zu spät (oder zu früh) in Kurven? Führt die zusätzliche Kurvengeschwindigkeit dazu, dass der Fahrer als Ausgleich über- oder unterlenkt?
DEUTSCH ASL-Serie und warmschrumpfende Raychem-Formteile
Die DEUTSCH ASL-Serie und die warmschrumpfenden Raychem-Formteile von TE Connectivity (TE) haben Rennteams zu Siegen verholfen.

Daten sind dann sinnvoll, wenn alle Teile dieses Puzzles zusammenkommen. Wenn sie es dem Team ermöglichen, viel über den Fahrer und die Reaktion des Wagens zu erfahren. Wie immer ist auch hier ein schnelleres Auto das Ergebnis einer Kombination von Faktoren. Dabei muss sich aber der Fahrer bei dieser Aufgabe bewusst sein, dass er daran ebenso Anteil hat wie die Abstimmung seines Rennwagens.

Betrachten wir als Beispiel den Fahrzeughöhensensor. Hier wird mit Infrarot – wenig überraschend – der Abstand zwischen der Fahrzeugunterseite und der Oberfläche der Rennstrecke gemessen. Liegt der Wagen zu hoch, strömt zu viel Luft unter das Rennauto und stört die Aerodynamik. In diesem Fall wird das Fahrverhalten viel weniger vorhersehbar. Ein zu niedrig liegender Wagen stößt andauernd auf der Strecke auf. Das ist nicht nur ungemütlich, es macht den Wagen zu einer Art Rodelschlitten, der ohne auf die Lenkvorgaben zu achten, geradeaus fährt. Unser Renningenieur kennt die optimale Bodenfreiheit normalerweise ziemlich gut. Aber nach ein, zwei Runden im vollgetankten Wagen wird sich zeigen, wo sich seit dem Vorjahresrennen ärgerliche neue Bodenwellen gebildet haben, an die die Einstellungen angepasst werden müssen. Unwesentliche Bodenkontakte am Ende einer Geraden (wo ein maximales Luftgewicht vorliegt) sind in der Regel in Ordnung, bedeuten aber auch, dass sich die teure Rennmaschine für den Großteil der Runde wie ein Einkaufwagen fahren lässt.

Bill Bates, Dateningenieur bei Andretti Autosport, spricht mit Paul Webb von TE Connectivity

Bill Bates, Dateningenieur bei Andretti Autosport, und Paul Webb von TE Connectivity sprechen über die hochentwickelten Sensoren für Hochleistungsrennwagen.

Datengestützte Leistung

Für den heutigen Hochleistungsrennwagen sind auf Rennstrecken aller Art und weltweit Daten der entscheidende Faktor für den Sieg. Dazu ist mehr Rechenpower erforderlich, und deshalb müssen kleinere Sensoren mit mehreren Funktionen entwickelt werden. Auch leichte Steckverbinder und Kabel werden sich immer weiter durchsetzen. Dies verändert den Wettbewerb für die Motorsportteams. Wenn Sie also das nächste Mal die Renningenieure intensiv auf Bildschirme starren sehen (und dabei die eigentliche Action auf der Strecke verpassen), wissen Sie, warum deren Arbeit für das Geschehen auf der Strecke so wichtig ist und eine entscheidende Rolle für den Sieg des Fahrers spielt.