Edelstahl 17-4 PH und 316L
Vergleich von zwei gebräuchlichen Werkstoffen für Druckmessumformer
Die meisten Edelstahl-Drucksensoren und -Messumformer verwenden als Werkstoff entweder 316L oder 17-4 PH. Beide Materialien sind im Vergleich zu hochfesten Nickellegierungen relativ preiswert, einfach zu bearbeiten und bieten eine gute Materialfestigkeit sowie Elastizität für die Bewegung der Membran. Ihre unterschiedlichen Materialeigenschaften geben den Ausschlag, welchem Material in einer konkreten industriellen, oder auch explosionsgefährdeten, Anwendung der Vorzug zu geben ist. Obschon es zahlreiche Varianten der hier diskutierten Werkstoffe gibt, sollen für den folgenden Vergleich die für Sensoren heute gebräuchlichsten Formulierungen herangezogen werden. Der Eisengehalt spielt für den Magnetismus und den Korrosionswiderstand eine Rolle. Edelstahl 17-4 PH ist magnetisch und weniger korrosionsbeständig als Edelstahl 316L. Standard-316L ist leicht magnetisch, wobei es auch nichtmagnetische Varianten gibt.
Materialvergleich
Zusammensetzung | 17-4 PH Massenanteil (%) ASTM A693 | 316L Massenanteil (%) ASTM A240 |
---|---|---|
Kohlefaser | 0,070 max. |
0,030 max. |
Mangan | 1,00 max. |
2,00 max. |
Silizium | 1,00 max. |
0,75 max. |
Chrom | 15.00 - 17.50 |
16.00 - 18.00 |
Nickel | 3.00 - 5.00 |
10.00 - 14.00 |
Phosphor | 0,040 max. |
0,045 max. |
Schwefel | 0,030 max. |
0,030 max. |
Kupfer | 3.00 - 5.00 |
-- |
Niob plus Tantal | 0.15 - 0.45 |
-- |
Nitrogen | -- |
0,10 max. |
Molybdän | -- |
2.00 - 3.00 |
Eisen | Rest |
Rest |
Materialfestigkeit
Dem allgemeinen Verständnis nach hat Edelstahl ein hohe Materialfestigkeit – was im Vergleich zu Werkstoffen wie Kunststoff auch stimmt –, dennoch ist Edelstahl mitnichten gleich Edelstahl. 17-4 PH hat eine vergleichsweise höhere Festigkeit als 316L. In vielen Hydrauliksystemen, in denen üblicherweise hohe Drücke und Druckstöße auftreten, wird häufiger 17-4 eingesetzt, da er ein gutes Federmaterial ist. Bezüglich der für Drucksensoren und Druckmessumformer spezifizierbaren Prüfdrücke (i. d. R. 2-facher Nenndruck) und Berstdrücke (i. d. R. 5-facher Nenndruck) unterscheiden sich die Materialien nicht – allerdings ist bei 17-4 PH die Wahrscheinlichkeit der genauen Messung auf lange Sicht größer, wenn höhere Drücke und Druckschwankungen über den Nenndruck hinaus anzutreffen sind.
Kompatibilität
Edelstahl ist Edelstahl – oder nicht? Beim Messen von Flüssigkeiten und Gasen spielt das Material des Drucksensors eine entscheidende Rolle. 17-4 PH kommt in verschiedenen nicht oder schwach korrosiven Flüssigkeiten und Gasen zum Einsatz. Hydraulikflüssigkeit, Bremsflüssigkeit, Kraftstoffe und andere in der Industrie übliche Prozessflüssigkeiten vertragen sich mit 17-4 PH-Edelstahl gut. 316L-Edelstahl kommt mit diesen Medien ebenfalls zurecht, dank des höheren Nickelgehalts aber auch mit zahlreichen Flüssigkeiten und Gasen, die korrosivere Eigenschaften aufweisen. Erdgas zum Beispiel erfordert zwingend 316L, da sein niedriger H2S-Gehalt andernfalls Korrosionsprobleme verursacht. Wasser (außer Salzwasser) wird zwar in vielen Fällen als nichtkorrosive Flüssigkeit eingestuft, für die Druckmessung ist trotzdem 326L die bevorzugte Wahl. Bestimmte pH-Werte können nämlich dazu führen, dass 17-4 PH mineralische Ausscheidungen absetzt und Prozessverbindungen zusetzt. Auch Gase wie Wasserstoff erfordern als Werkstoff 316L: Wasserstoffionen sind klein genug, das Korngefüge von 17-4 PH-Edelstahl zu durchdringen und bewirken mit der Zeit eine Versprödung und Zersetzung der Membran. Für hochreine Anwendungen, wie etwa die Halbleiterproduktion, wurde der Werkstoff 316L VAR (VAR = Vacuum Arc Melting) eingeführt, um die Einschleusung nichtmetallischer Unreinheiten zu vermindern. Eine weitere Maßnahme ist das Endbearbeiten der Materialoberfläche in einem als Elektropolieren bekannten Verfahren. Hierbei werden neben einem kleinen Teil der metallischen Oberfläche insbesondere nichtmetallische Unreinheiten abgetragen, sodass deren Kontakt mit der Flüssigkeit oder dem Gas zusätzlich reduziert wird.
Technologien im Vergleich
Piezoresistive Sensortechnologie | Fertigungsprozess | 17-4 PH | 316L |
---|---|---|---|
Dünnschicht | Metalle werden auf ein Edelstahlsubstrat gestäubt („gesputtert“). | Ja | Nein |
Folien-DMS | Dehnungsmessstreifen (DMS) werden mittels Expoxyd oder Glas mit einer Edelstahlmembran verbunden. | Ja | Ja |
Chemische Gasphasenabscheidung | In einem chemischen Verfahren wird Poly-Silizium auf eine Edelstahlmembran abgeschieden und diese nach der Beschichtung mit dem Prozessanschluss verschweißt. | Ja | Nein |
Ölgefüllt | Silizium-DMS werden in Silikonöl eingeschlossen – Druck auf eine Metallmembran komprimiert das Öl und ändert den Sensorwiderstand. | Nein | Ja |
Dickschicht | Dickschichttinten werden im Siebdruckverfahren auf Metall abgesetzt. | Ja | Nein |
Silizium-Glas-Fusion | Silizium-DMS werden in einem Glasschmelzverfahren direkt auf einen einteiligen Edelstahl-Sensor gebracht. | Ja | Ja |
Zusammenfassung
Ein wichtiger Faktor ist die verwendete Technologie. Nicht jede Technologie ist auf jedes Material anwendbar. So müssen etwa die thermischen Eigenschaften von Dehnungsmessstreifen, die an die Membran gelegt werden, mit denjenigen des Trägermaterials kompatibel sein. Edelstahl 17-4 PH hat bei der Wärmebehandlung nach H900 einen mittleren Wärmeausdehnungskoeffizienten von 6,0 x 10-6 in/in/° F, 316L dagegen im Bereich von ca. 9 bis 11 x 10-6 in/in/° F. Das Dünnschichtverfahren wiederum eignet sich wegen der beim Sputtern hohen Temperatur an der Membran nur für 17-4 PH. Insgesamt sind also bei der Auswahl des geeigneten Druckmessumformers der Sensorwerkstoff und die Technologie mit zu betrachten. Welches Material das geeignetere ist, ergibt sich aus Ihren Informationen zum gemessenen Medium und der Anwendung. Wenn weder 17-4 noch 316L in Frage kommen, können Speziallegierungen angeboten werden.