Mit dem Internet der Dinge Geschäftsbeziehungen fördern

Trend

DAS INTERNET DER DINGE IST REALITÄT

Viele Unternehmen haben noch nicht erkannt, dass die Markt-kräfte hinter dem Internet der Dinge die Geschäftsbe-ziehungen im Technologiesektor erheblich verändert haben. Wer nicht mit der Entwicklung Schritt hält, könnte die größte Geschäftschance des 21. Jahrhunderts verpassen.

Autor

Rick Stuby, Branchenexperte für das industrielle Internet der Dinge

Keine Neuerungen

Grundlegende Veränderungen in den Geschäftsabläufen von Unternehmen sind nichts Neues. Als die Pferdekutschen durch Züge und Autos ersetzt wurden, gab es möglicherweise Unternehmen mit der folgenden Einstellung: „Wir stellen die besten Postkutschenräder her. Den Markt für Züge kennen wir nicht. Außerdem werden hier Räder aus Stahl verwendet. Auch der Automobilmarkt ist uns unbekannt, und Autos haben Räder aus Gummi.“ Jahre später waren diese Unternehmen – falls sie überhaupt noch existierten – ihrer Überzeugung nach vielleicht immer noch die besten Hersteller von Postkutschenrädern. Aber wahrscheinlich interessierte dies kaum noch jemanden.

Die Vernetzung war eine Revolution. Firmen verfügten schon immer über Unternehmensdaten – geschäftliche Daten, mit denen sie Mehrwert für Kunden schaffen konnten. Diese Daten wurden sehr lange Zeit in Papierform verwaltet. Später wurden sie von Computern verarbeitet und mithilfe von Disketten übertragen. Danach wurden die Computerdaten in das Unternehmensnetzwerk eingebunden, das von einer IT-Abteilung mit Netzwerkgeräten namhafter Hersteller verwaltet wurde. Schließlich wurden die Unternehmensdaten aggregiert und für spezielle geschäftliche Services wie E-Mail und Auftragsverwaltung nutzbar gemacht, die über das Unternehmensintranet bedient wurden oder über das Internet zugänglich waren. Während dieser Zeit war die Wertschöpfungskette des Markts auf die Lieferanten und die Integratoren von Geräten ausgerichtet. Sie stellten die Routing- und Aggregationsressourcen bereit, die jedes Unternehmen unabhängig von seiner Größe für seinen Betrieb benötigte. Geräteanbieter optimierten weiterhin die Geschwindigkeit, Kapazität und Zugänglichkeit ihrer Geräte und senkten gleichzeitig die Kosten. Dadurch waren alle Unternehmen in der Lage, Mehrwert zu schaffen. Mit dem Aufstieg des Internets wurde diese Wertschöpfungskette in der Geschäftswelt zum Standard.

Wertschöpfungskette für Netzwerklösungen vor dem Internet der Dinge

Die Wertschöpfungskette für Netzwerklösungen vor dem Internet der Dinge.

Big Data brachte die Veränderung

Vor dem Internet der Dinge gab es Big Data: enorme Mengen an Unternehmensdaten, die für nützliche Geschäftseinblicke gesammelt und analysiert wurden. Die Daten stammen in der Regel aus bereits verfügbaren Datenquellen, die zuvor jedoch nicht verwaltbar waren. Bei diesen Quellen handelt es sich beispielsweise um das Webnutzungsverhalten, POS-Daten, Informationen zur Netzwerkleistung und zu Finanztransaktionen.

Big Data war eine Chance für Firmen, die über Analyse- und umfangreiche Verarbeitungsmöglichkeiten verfügten, und ermöglichte ihnen, Services mit hohem Mehrwert zu entwickeln. Viele kommerzielle Lösungen konnten das Versprechen von Big Data nicht erfüllen und lieferten keine aussagekräftigen Einblicke, die eine Investition wert gewesen wären. Einige Unternehmen, denen aufgrund ihrer Größe die Investition möglich war und die Big Data-Analysen internalisierten, konnten damit ihre Geschäftsabläufe verbessern. Aus der Marktperspektive jedoch stellte Big Data keine Wertorientierung mehr dar.

Nur wenige Unternehmen sind in der Lage, Daten zu beziehen, Analysen wichtiger Systemverbindungen zu ermöglichen und die Infrastruktur für deren Lieferung an den Dienstanbieter bereitzustellen.

Das Internet der Dinge rettet Big Data. Dann kam Big Data und stellte Services in den Mittelpunkt des geschäftlichen Interesses. Wo jedoch Big Data die Wertschöpfungskette nicht vollständig auf Datenservices ausrichten konnte, hat das Internet der Dinge diese Fokussierung übernommen. Einige Geräte- und Netzwerk-Cloud-Anbieter, die erfolgreich Big Data-Systeme für ihre eigenen Abläufe implementiert hatten, nutzten diese Systeme für Serviceangebote an Kunden. Diese Systeme wurden daraufhin zu Plattformen, die angepasste Services und die Integration von Unternehmensdaten ermöglichten. Die IoT-Plattform war geboren. Zu dieser Zeit blühte der Markt für Smartphones, und neue Geräte wie intelligente Thermostate generierten neue Arten wichtiger Daten. Wirtschafts- und Industrieunternehmen erkannten eine ähnliche Möglichkeit, sich neue Datenquellen zunutze zu machen und sie mit IoT-Serviceplattformen zu verarbeiten.

Predix ist ein Paradebeispiel

GE entwickelte seine Predix-Plattform für die interne Big Data-Analyse. Schon frühzeitig hatte GE Vorstellungen entwickelt, wie das industrielle Internet durch Einblicke aus Unternehmensdaten und neuen Quellen wichtiger Daten Hersteller dabei unterstützen könnte, die Ausführung zu optimieren und die Effizienz zu steigern. Nachdem GE die Vorteile von Predix im eigenen Betrieb unter Beweis gestellt hatte, wurde die Lösung als IoT-Service und neuerdings als Plattform-Cloud-Service angeboten. Ähnlich wie im Apple App Store für Mobiltelefon-Apps können Kunden und Partner auf der offenen Plattform Analyseanwendungen erstellen, die wiederum die IoT-Servicefunktionen von Predix erweitern.

Das Internet der Dinge fördert neue Beziehungen. Das Internet der Dinge hat Geschäftsbeziehungen sowie die Marktausrichtung in der Wertschöpfungskette für Netz- werktechnologie transformiert. Der Fokus liegt heute nicht mehr auf Geräten und Integratoren, sondern auf der Ent-wicklung und Ermöglichung von IoT-Services. Das Ergebnis ist ein störendes „Vakuum“ in der Mitte der Wertschöpfungs-kette. Als Folge fanden Netzwerkgerätehersteller einen neuen Weg, um Daten zu sammeln und eine spezielle lokale Verarbeitung bereitzustellen. Diese Verlagerung veränderte ihr Produktökosystem von der Unterstützung allgemeiner Netzwerkfunktionen hin zur Bereitstellung vorverarbeiteter Daten für eine IoT-Plattform. Für Unternehmen auf der unteren Ebene der Wertschöpfungskette hat diese Veränderung einen Bedarf an neuen und anderen Datenverarbeitungsfunktionen zur Verbindung mit dem IoT-Ökosystem geweckt.
In der Wertschöpfungskette des Internets der Dinge ist Erfolg ohne Partnerschaft kaum möglich. Nur wenige Unternehmen sind in der Lage, Daten zu beziehen, Analysen wichtiger Systemverbindungen zu ermöglichen und die Infrastruktur für deren Lieferung an den Dienstanbieter bereitzustellen. Anbieter von Netzwerkgeräten und Datenaggregatoren aus der Mitte der Wertschöpfungskette können oder müssen sogar Partnerschaften mit Data Enablern eingehen, die weiter unten in der Wertschöpfungskette stehen. Data Enabler, also Unternehmen mit der Fähigkeit zur Generierung wichtiger Daten, haben die Gelegenheit, Partnerschaften mit diesen Geräteanbietern einzugehen: So können sie in der Wertschöpfungskette aufsteigen und Dienstanbietern Daten bereitstellen. Letztendlich entsteht aus solchen Partnerschaften ein höherer Mehrwert für alle Mitglieder der Wertschöpfungskette.

Wertschöpfungskette des Internets der Dinge für Netzwerklösungen

Die neue Wertschöpfungskette für Netzwerklösungen, die auf dem Internet der Dinge basiert.

Die neuen wichtigen Daten. Bei der Suche nach neuen und besseren Services wurde auch die Notwendigkeit für neue und bessere Datenquellen im Netzwerk-Edge deutlich. Die Be-deutung wichtiger Daten auf der Input-Seite der Wertschöpf-ungskette hat sich geändert: Es handelt sich nicht mehr einfach nur um Unternehmensdaten, sondern es werden alle relevanten Daten einbezogen, auf die innerhalb oder außerhalb eines Unternehmens zugegriffen werden kann. Zu diesen neuen wichtigen Daten können beispielsweise direkt von Maschinen abgerufene Echtzeit-Sensordaten, Geschäfts-prozessen zugeordnete Metadaten oder Statistiken zur Mitarbeiteraktivität gehören.

Vorausschauende Wartung

Die vorausschauende Wartung ist wahrscheinlich die am meisten gelobte Anwendung des industriellen Internets der Dinge. Bei der vorausschauenden Wartung soll der Zeitpunkt eines möglichen Ausfalls von Maschinen oder Geräten erkannt werden, sodass vor dem Ausfall Wartungsarbeiten durchgeführt werden können. Auf diese Weise sind Unternehmen in der Lage, Kosten zu kontrollieren sowie Ausfälle zu reduzieren. Angenommen, eine Fertigungsstraße enthält mehrere Maschinen. Jedes Mal, wenn für eine vorbeugende Wartung eine Maschine außer Betrieb genommen wird, muss die Fertigungsstraße angehalten werden, und die Produktion wird unterbrochen. Werden Ausfälle von Maschinen nicht verhindert, kann die Fertigungsstraße jederzeit zum Stillstand kommen –schlimmstenfalls an einem entscheidenden Zeitpunkt während der Produktion. Bei der vorausschauenden Wartung hingegen werden alle Maschinen in Echtzeit überwacht, sodass der Wartungsbedarf auf der Grundlage von praxisbezogenen Faktoren (beispielsweise Vibrationsanalysen) ermittelt wird. Auf diese Weise kann die Wartung geplant werden. Unternehmen sind somit in der Lage, zu entscheiden, wann eine Fertigungsstraße für die Wartung der Maschinen angehalten wird – vor einem Ausfall und ohne Unterbrechung wichtiger Produktionszeitpläne bzw. ohne Ressourcenverschwendung durch unnötige Reparaturen.

Fazit Veränderung ist eine Chance – sie zu ignorieren, ist riskant. Nur wenn Unternehmen die Herausforderungen des Internets der Dinge annehmen und bewältigen, können sie die Wertschöpfungskette nutzen, geschäftsfördernde Partnerschaften eingehen und wertvolle Kundenbeziehungen aufbauen. Anderenfalls werden sie zwar auch weiterhin auf dem Markt existieren, dort aber keine Rolle mehr spielen.